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Kreditkarten: Vom Sci-Fi-Gadget zur weltweiten Bezahlmethode
Die Idee der Kreditkarte ist bald 130 Jahre alt. Als universelles Bezahlmodell hat sie sich aber erst seit den 1950ern etabliert. Eine Zeitreise.
Nicht ein findiger Geschäftsmann hat die erste Kreditkarte erfunden, sondern ein Science-Fiction-Autor: Bereits 1887, also vor mehr als 125 Jahren, ließ Edward Bellamy einen seiner Charaktere im Sci-Fi-Roman „Looking Backward“ eine Pappkarte zum bargeldlosen Bezahlen einsetzen. Sieben Jahre später war die Idee der Kreditkarte im echten Leben angekommen: US-amerikanische Hotels begannen, an gute Kunden Karten auszugeben, mit denen diese auf Kredit bezahlen konnten. Auf dieses System sprangen in den 1920er-Jahren Mineralölkonzerne und Kaufhausgesellschaften auf. Kreditkäufe beim Unternehmen, das die Karte ausgibt – das sollte nicht nur die Zahlung erleichtern, sondern die Kunden auch an die eigene Marke binden.
Von „echten“ Kreditkarten
Während sich dieses System schnell etablierte und immer mehr Anbieter auf den Zug aufsprangen, sollte es noch drei Jahrzehnte bis zur ersten „echten“ Kreditkarte dauern. Die erfand im Jahr 1950 der US-amerikanische Geschäftsmann Frank McNamara unter dem Namen „Diners Club Card“. Die Diners-Kreditkarte war die erste sogenannte Universalkreditkarte: Anders als die seit den 1920ern im Umlauf befindlichen Kundenkreditkarten waren diese Karten darauf ausgelegt, dass man in allen teilnehmenden Betrieben damit bezahlen konnte und nicht etwa nur in Geschäften einer Marke.
McNamaras Idee der universell einsetzbaren Kreditkarte schlug ein wie ein Komet: Die Zahl der teilnehmenden Branchen und Geschäfte wuchs schnell, der Umsatz des Diners Club betrug nach zwei Jahren bereits sechs Millionen US-Dollar. 1958 expandierte man bereits nach Europa, genauer gesagt nach Großbritannien und Deutschland.
Aufkommen der Konkurrenz
Der Erfolg der Diners-Card rief schnell auch Mitbewerber auf den Plan: Bereits ein Jahr nach McNamara kam ebenfalls in den USA die MasterCard auf den Markt, herausgegeben von der Franklin National Bank in New York. Während Diners 1958 schon in Europa Fuß fasste, stiegen in den Vereinigten Staaten zwei weitere Anbieter in den Kreditkartenmarkt ein: die Bank of America, die in New York die ersten grünen American-Express-Karten verteilte, und die Bank of Americard, die in Kalifornien die Visa Card herausgab.
Bald darauf, 1964, folgte der erste rein europäische Anbieter, Eurocard. Nach nur vier Jahren fusionierten Eurocard und MasterCard, um die Karten weltweit bekannt und vor allem international einsetzbar zu machen.
Technischer Fortschritt und Produktpalette
Erst 1980 wurde der einheitliche Magnetstreifen auf der Rückseite der Kreditkarte eingeführt. Mit der steigenden Verfügbarkeit von Computern und Datenleitungen verbreiteten sich in den 1990ern sogenannte POS-Terminals – Online-Terminals für die Datenübertragung beim bargeldlosen Bezahlen. Seit vorigem Jahr sind auch in Österreich sogenannte Funk-Karten im Umlauf, mit denen auf Basis der Nahfunktechnologie NFC kontaktloses Bezahlen, quasi „im Vorbeigehen“, möglich ist.
Aber nicht nur technisch haben sich Kreditkarten in den letzten 60 Jahren deutlich weiterentwickelt, auch die Produktpalette steigt zusehends. Anders als Diners und American Express werden MasterCard und Visa nicht direkt von den Unternehmen, sondern von Banken und Kreditinstituten ausgegeben. Jede Bank kann so quasi ihre eigenen Kreditkarten anbieten. Neben klassischen Standardkarten haben mittlerweile alle vier großen Anbieter auf verschiedene Kundensegmente zugeschnittene Spezialkarten im Angebot. So finden sich bei MasterCard, Visa, Diners Club und American Express zum Beispiel Goldkarten mit erweiterten Rahmen, Versicherungsleistungen und anderen Angeboten. Das bedeutet etwa bei der American Express Gold Card Urlaubsversicherungen wie Reisestorno-, Reiseunfall- und Reisegepäckversicherung, Zutritt zu exklusiven Airport Lounges und Bonussysteme wie Membership Rewards. Auch für besonders finanzstarke Kunden gibt es spezielle Angebote – bei MastersCard beispielsweise die „World Elite Card“, die nur auf Einladung der Bank beziehungsweise des Kreditinstituts vergeben wird.
Via: Diners Club Card Firmengeschichte , NFC – Kontaktloses Zahlen , AMEX Gold Kreditkarte,MasterCard World Elite Card, Bilder: © zerocreatives/Westend61/Corbis, © Andrew Brookes/Corbis